[Wo das Meer stillsteht 2,16]

Gewalt im wald

an gebrochenen hälsen verknotet      zieht der himmel den kragen hoch
noch wüten schlachtrufe      der himmel hat begonnen, fleisch zu essen
wälder senken ihre köpfe      und der himmel lacht in weiter ferne
baumstümpfe stapeln sich      der himmel hat vergessen

das ist die gewalt, die du jeden tag siehst

grüne füße laufen herdenweis’
dem tode zu in einem schweigen, das immer tödlicher wird
hören den himmel      zufrieden füllen sie die erde hinter sich

gewitter      verwandelt dich in ein durchweichtes hackbrett
wie süß dem ohr ein messer, das auf den rücken einhackt
die grammophonnadel des sonnenlichts kratzt auf den jahresringen      nie werden sie wieder kreischen
baumstämme       erreichten mit mühe die wahrheit ihrer verwendung

das ist alltägliche gewalt

himmel      fällt den wald, denn er wird menschlich
denn menschen bluten nicht jeden tag
grad so wie du      in frieden und ruhe      deinen endlosen tick genießt

das ist alltag

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Text nach YANG LIAN, Dove si ferma il mare

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