Gesprochene Worte sind in ihrem materiellen Bestand etwas Physikalisches, ihrer Hervorbringung nach etwas Physiologisches und im Hinblick auf ihre Absicht und Wirkung etwas Psychisches. Der Prozeß des Verstehens beginnt mit einer Perzeptionsleistung des Phonorezeptors, dessen adäquater und spezifischer Reiz Luftschwingungen und Schallwellen sind. Auf das Ohr treffen bestimmte physikalische Strukturen, die das Erzeugnis einer physiologischen Tätigkeit der peripheren Sprechapparatur eines anderen Individuums sind. Der Sprecher bietet die Tätigkeit bestimmter körperlicher Organe auf, um bestimmte physikalisch-materielle Gegebenheiten hervorzubringen; der Verstehende bedient sich der Organe des peripheren Schallsinnessystems, um die empfangenen physikalischen Strukturen zunächst in etwas Physiologisches zu verwandeln. Beim Sprechakt erfolgt eine Transposition von Physiologischem ins Physikalische. Die phonatorisch ausgeatmete Luft ist nichts Physiologisches mehr, sondern in dem Augenblick, da sie die Mundhöhle des Sprechers verläßt, etwas Physikalisches: sie wird zur tönenden Masse, deren Schwingungen sich nicht mehr mit dem langsamen Expirationsstrom, sondern mit der Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Schalls im Raum verbreiten, und zwar kugelhüllenförmig mit der Schallquelle als Mittelpunkt. Beim Empfänger der sprachlichen Sendung vollzieht sich der ganze Prozeß in umgekehrter Richtung.
Friedrich KAINZ (zitiert nach Ferdinand KRIWET „durch die runse auf den redder“)

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