wenn die gelben …

wenn die gelben birnen
mit holden schwänen
und sonnenschein
und schatten
die trunken hangen
und voll
mitten ins heilignüchterne klirren
daß der see
und seine wilden rosen
landen im ich
dann sind die blumen
winters
sprachlos und kalt
wie in der erde
die wasser
weh mir
wo nehmen
die hauptwinde die fahnen
daß mauern stehn

und ihr küssen
es tunkt im anderswo

ich setz’ es nicht in die rubrik „lyrik-lyrik“, denn es ist keine auseinandersetzung mit der „Hälfte des Lebens“, vor der ich zuviel respekt habe. und fast komme ich mir niedrig vor, mit den worten dieses gedichts gearbeitet zu haben, um zwar zu sagen, wie sehr es immer wieder in mir arbeitet, sobald ich es lese, aber auch, weil es fast schon nach parodie klingt, die es jedoch nicht sein will. keine ahnung. es herrscht da jetzt große unsicherheit in mir.

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10 Antworten zu wenn die gelben …

  1. sumuze sagt:

    ich riskiere mal etwas: die parodie, wenn, liegt in der letzten zeile:
    küssen ‚tunkt‘ nicht, schon gar nicht im ‚anderswo‘.
    es mag schmerzen, es mag lindern, es mag aufrütteln. Aber nur das brot zahnloser alter wird getunkt..

    • parallalie sagt:

      zunächst sage ich mal, daß in einem gedicht keine behauptungen aufgestellt werden. wohingegen „küssen ‚tunkt‘ nicht“ eine behauptung ist. woher soll man das wissen? auch glaube ich das „nur“ im letzten satz besser einem „auch“ platz machte. – verstehen kann ich das allgemeine unbehagen, da ich es ja selbst hatte. und ich überlegte heute ein bißchen: ähnliches machte ich vor kurzem mit dem leopardi-gedicht „l’infinito“ ( http://terzariva.splinder.com/post/14821654 – daraus abgeleitet dann hier: https://parallalie.de/stories/4469214/ ), aber dabei war mir nicht unbehaglich zumute. also muß dem hölderlin-gedicht eine dichte innewohnen, die nur noch verwässert werden kann, wie man es auch dreht und wendet. da gibt’s nicht mehr zu ver-dichten.

    • sumuze sagt:

      ja, das stimmt, die behauptung ‚..nicht‘ ist etwas voreilig.

      nur: dass küssen ‚tunke‘, geht mir quer. ‚tunken‘ ist eintauchen, eine bewegung von etwas in etwas, zumeist eine flüssigkeit. und das ist küssen für mein gefühl nie. es verbindet, tauscht aus, je nachdem. das paßt nicht zueinander – küssen und tunken. und ‚tunken‘ hat etwas mit hilflosigkeit zu tun, der passivität des getunkten. vielleicht ginge so eben noch das aufsaugen.

      dann: ‚daß in einem gedicht keine behauptungen aufgestellt werden‘ ist recht kühn behauptet. ich sehe es entgegengesetzt. ein gedicht behauptet, den eindruck, die bilder, die verbindungen.

      die links gucke ich mir an, klingt spanend, danke.

    • parallalie sagt:

      „tunkt ihr das haupt ins heilignüchterne wasser“ (hölderlin) – da ist keine hilflosigkeit. ich glaube, Sie verbauen sich mit Ihrer vorstellung von tattergreisen, die die harte brotrinde erstmal in die milchsuppe stippen müssen, bevor ihre zahnlosen kiefern sie doch noch irgendwie zerkleinern können. das muß ich Ihrem persönlichen empfinden zurechnen. was ja durchaus recht ist. wie es ebenso recht ist, daß es nicht meinem empfinden entspricht. – zum behauptung: es geht mir zu sehr in die richtung eines ein-eindeutigen, was ich immer versuche zu vermeiden, wenn ich ein gedicht schreibe. ich würde so sagen: ein gedicht ist die mögliche wiedergabe dessen, was sich nicht behauptend, sondern im verborgenen zeigt.

    • sumuze sagt:

      ein-eindeutigkeit ist anspruch, der für mich nicht im ‚behaupten‘ enthalten sein muß. eindeutigkeit vielleicht, oder das behaupten bekäme zu viel beliebigkeit. aber selbst das kann ich mir auch anders vostellen.

      „ein gedicht ist die mögliche wiedergabe dessen, was sich nicht behauptend, sondern im verborgenen zeigt.“ den satz mochte ich anfangs, aber dann schaute ich immer mehr auf die letzten drei worte: im verborgenen zeigt. und mußte den kopf schütteln. das ist der eckige kreis. nein, wenn, dann wurde verborgenes heraus gezogen, gezerrt, getragen, was auch immer. aber im verborgenen zeigt sich nichts. was sich zeigt, ist nicht mehr verborgen. und was verborgen bleibt, zeigt sich nicht.

      „tunkt ihr das haupt ins heilignüchterne wasser“ sollte doch korrekt und komplett als „und trunken von küssen tunkt ihr das haupt Ins heilignüchterne wasser“ zitiert werden, um die frage der hilfosigkeit des ‚tunken‘ fundierter zu diskutieren. hilflosigkeit, die da ist, für mich, im ‚trunken von küssen‘.

    • parallalie sagt:

      ihre vorgehensweise entspringt einer sehr strengen logik, die aber nicht dialektisch ist. das verborgene kann durchaus etwas zeigen, indem es etwas nicht zeigt. der mond verbirgt die sonne? er macht uns auf diese weise bewußt, daß da eine sonne ist, die plötzlich nicht mehr da ist. ich hoffe, dieser gedankengang ist logisch. ebenso mit dem „tunken“: sicher, ich hätte auch den rest zitieren können, aber dann hätte ich auch gleich den originaltext statt meines textes posten können. also: much ado about nothing. wie aber soll das gehen: die „hilflosigkeit des ‚tunken‘ fundierter zu diskutieren“? wenn sie eine hilflosigkeit sehen, und ich keine? aber in diesem fall zeigt sich leider nichts verborgenes. sondern nur eine offensichtliche ja-nein-dichotomie. die nicht mal eine dialektik ist.

    • sumuze sagt:

      es können, denke ich, durchaus gründe angeführt werden, warum etwas gesehen oder nicht gesehen wird. und im satz „trunken von küssen tunkt ihr das haupt Ins heilignüchterne wasser“ begründet das ‚trunken von küssen‘ meine vorstellung von ‚hilflosigkeit‘ des ‚tunkens‘.

      Ich denke nicht, daß wir immer im unvermittelten gegeneinander des ja-nein stehen bleiben müssen, wenn gründe angeführt werden können. daher hielt ich ihr hölderlin-zitat für zu sehr interessiert verkürzt und verlängerte es um das für mich entscheidende. in der hoffnung, daß sie sehen könnten, was ich sehe.

      ihr beispiel mit dem mond gefällt mir. zeigt es doch: eine sonne, die niemals aus dem schatten des mondes heraus träte, wäre nur eine nette vermutung, hätten wir sie denn nicht einmal zuvor gesehen. nur dann machte uns der mond durch sein verdecken bewußt, daß da eine sonne ist, die plötzlich nicht mehr da ist.

    • parallalie sagt:

      daß für ein sehen und nicht-sehen gründe angeführt werden können, das bezweifle ich nicht. das geht aber alles über den text hinaus, und findet außerhalb des textes statt. und küssen kann genauso tunken (und ich habe ja bewußt hölderlins textebene überschritten), wie ein reden im vagen stochern kann, oder ein gehen schwanken kann. oder so:

      Schrecken Sträuben
      Wehren Ringen
      Ächzen Schluchzen
      Stürzen
      Du!
      Grellen Gehren
      Winden Klammern
      Hitzen Schwächen
      Ich und Du!
      Lösen Gleiten
      Stöhnen Wellen
      Schwinden Finden
      Ich
      Dich
      Du!

      (August Stramm: Trieb)

      ich aber kann Ihnen aus Ihrer „vorstellung von der ‚hilflosigkeit‘ des ‚tunkens'“ nicht heraushelfen, weil sie bei mir nicht vorhanden ist. und meine ganz persönlichen und nun wirklich biographischen gedanken dazu gehören nicht hierher. die muß ich für mich behalten. daß es dann bei Ihnen diese schwierigkeit der vorstellung auslöst, kann ich mir nicht zuschreiben.

      was das verborgene betrifft, so ist mir auch das klar, daß das verborgene als solches nur dann erkannt werden kann, wenn es einem „da war doch etwas“ entspricht. sonst müßte man nur erstaunen vor dem noch-nie-gesehenen. das aber geschähe dann in einer überraschenden offensichtlichkeit.

    • sumuze sagt:

      vielen dank für das interessante und fein klingende gedicht. das wort ‚gehren‘ kannte ich bisher noch nicht. ich kannte nur ‚gehrung‘ und ‚auf gehrung sägen/schneiden‘. bevor ich jetzt aber begeistert ein neues wort mit nach hause nehme, möchte ich mich vergewissern, daß nicht ‚gieren‘ damit gemeint ist, was ja auch passen würde. aber ‚gehren‘ wäre mir lieber. zur not betrachten wir das wort als mit dem gedicht erfunden.

      und jetzt sollte die ‚hilflosigkeit‘ wohl langsam schlafen gehen, fast haben sie mich ja schon davon überzeugt, daß küsse (und nicht lippen) getunkt werden können, vorausgesetzt, die oder der küssende ist trunken genug, dass das trunkene tunken… beh, basta!

      danke für ihre geduld!

    • parallalie sagt:

      es gibt immer noch ein be-gehren… man übersieht das oft in diesen worten… das verborgene.
      ich danke für ihre geduld.

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