[Wo das Meer stillsteht 3,8]
Das ufer der zeit (2)
wovon wir dachten, es sei längst verstanden – ist längst verloren
niemand kann sich vom ozean abkehren
schau dich an, wie du auf den klippen des ufers stehst
stell dir vor, wie unmöglich es ist, daß ein tropfen wasser in den andern fließt
in welcher zeit der übergang zwischen zeit und zeitbegräbnis erfolgt
wie schatten – abgezogen von einem baumstumpf, den sonnenlicht anleuchtet
dem die zeit fürchtenden baum wachsen verborgen dichte schamhaare
niemand hat auch einen schatten
kinder, ausgebrütet auf der sonnenuhr der toten
werden alle fortgetragen
nur das blut, das von deinem körper herabrinnt, begreift die ablehnung, daß du
ein anderer wirst – und saugt dich auf
wie steinerne vögel auf den zweigen hocken und schwarz werden
wurdest du grün in allem, was dich umgibt – ein zeiger über der sonnenuhr
verhüllt schweigend die richtung der von der armada aufgegebenen knochen
alle meere – schlagen wieder die richtung eines von krebs erleuchteten menschen ein
wir sind ständig abgeschnitten von dem, was sich verstreut
dieses ufer erschaffen – mit einem orkan, der dem klingenden ohr einhalt gebietet
wenn die zunge nur noch rudimentär – eine salz leckende mole nachahmt
aus den wellen watende kaninchen : fix und fertig
dichter, ohnmächtig, ihren füßen zu entfliehen – schon dies ein verbrechen
schaust du zurück vom ozean, siehst du, wie das jetzt der himmel ist
himmel des emphysems – keucht unaufhörlich einen anderen himmel
hier marschiert das vergessen auf – schmerzlos erinnert
meteoriten toter fische schlagen in deinen magen ein
ein orkan – hinterläßt an jedem ufer ein hypnotisches wetter
selbst, wenn du keine angst hast
wird der oktober sich ein publikum ankleiden – und aufwachen
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Text nach YANG LIAN, Dove si ferma il mare