Aus meiner Theorie der Freude (piacere) folgt, daß der Mensch, der immer nach einer unendlichen Freude strebt, die ihn vollkommen zufriedenstelle, immer etwas wünscht und erhofft, das er nicht begreifen kann. Und so ist es tatsächlich. Alle menschlichen Wünsche und Hoffnungen, auch diejenigen hinsichtlich ganz bestimmter Güter bzw. Freuden, und auch wenn sie bereits andere Male erfahren wurden, sind niemals vollkommen klar und deutlich und genau, enthalten dennoch stets eine unklare Vorstellung, und beziehen sich stets auf einen Gegenstand, den man unklar wahrnimmt. Daher und aus keinem anderen Grund ist die Hoffnung besser als die Freude, da sie jenes Unendliche enthält, das die Wirklichkeit nicht enthalten kann. Und dies kann man hauptsächlich in der Liebe sehen, wo die Leidenschaft und das Leben und das Handeln der Seele lebhafter denn je sind, wo der Wunsch und die Hoffnung ebenfalls lebhafter und empfindlicher sind und mehr als unter den anderen Umständen hervortreten. Man beachte, daß einerseits der Wunsch und die Hoffnung des wahren Liebenden verwirrter, unbestimmter, ungenauer ist als bei denen, die von einer beliebigen anderen Leidenschaft beseelt sind; und es ist dies ein (bereits von anderen bemerktes) Kennzeichen der Liebe, dem Menschen eine unendliche Vorstellung vorzuhalten (d. i. von der Empfindung her unendlicher als die von den anderen Leidenschaften vorgehaltenen), die er weniger als andere Vorstellungen begreifen kann usw. Andererseits beachte man, daß diese Leidenschaft gerade aufgrund dieses von der Liebe untrennbaren Unendlichen inmitten der Stürme, in denen sie sich befindet, die Quelle der größten Freuden ist, die der Mensch an sich erleben kann. (6. Mai 1821)
Giacomo LEOPARDI, Zibaldone
Alles ist übel. Das heißt, alles was ist, ist übel; jedes Ding, das da ist, ist übel; jedes Ding ist da um des Übels willen; das Dasein ist ein Übel und übel bestellt; Zweck des Universums ist das Übel; die Ordnung und der Staat, die Gesetze, der natürliche Verlauf des Universums sind nichts als übel, noch auch auf anderes gerichtet als das Übel. Es gibt kein anderes Gut als das Nichtsein: nichts anderes Gutes als das, was nicht ist; die Dinge sind keine Dinge: alle Dinge sind böse. Alles Bestehende, die Gesamtheit der bestehenden Welten; das Universum, nichts als ein Muttermal, ein Stäubchen in der Metaphysik. Das Dasein ist gemäß seiner Natur und seines Wesens, die ihr eigen und allgemein, eine Unvollkommenheit, eine Regelwidrigkeit, eine Ungeheuerlichkeit. Aber diese Unvollkommenheit ist ein Geringes, ein Muttermal fürwahr, denn alle Welten, die da sind, wie viele und wie groß sie auch immer sein mögen, gewiß aber nicht unendlich, weder an Zahl noch an Größe, sind daher unendlich klein im Vergleich zu dem, was das Universum sein könnte, wäre es unendlich; und das ganze Dasein ist unendlich klein im Vergleich zur wahren Unendlichkeit des – sozusagen – Nicht-Daseins, des Nichts […]
Giacomo LEOPARDI, Zibaldone
Das hat jetzt jedoch nichts damit zu tun, daß es heute zu keiner Verabredung gekommen ist… ich suchte nur andere Emotionen… und fand sie.