Äpfelschuh‘

ÄPFELSCHUH‘ verhieß ich deinen Füßen
und das Mal davor botest du mir eine Birne an
ich sagte Nein
und dachte an Ribbeck
den Mädchenverführer

Beim Kaffee dann lehnte ich mich
mit beiden Armen auf den Thresen
und schaute dich von der Seite an
wie wohl Verliebte tun

Nie auch wartete ich ungeduldiger auf Post

17.5.97

„Also ging der Held, in den Kreis schönlockiger Jungfraun / Sich zu mischen, so nackend er war; ihn spornte Not an. / Furchtbar erschien er den Mädchen, vom Schlamm des Meeres besudelt; / Hiehin und dorthin entflohn sie, und bargen sich hinter die Hügel. / Nur Nausikaa blieb.“
Odyssee, Sechster Gesang

IM SANDGESPINST hingebreitet
gestrandetes Traumgut
dein Ebenbild:
la femme-bâteau (ivre?)

Nur Nausikaa blieb…
und wünsch‘ mich zu der Phäaken Eiland
meine Brust zu baden im Morgenrot
den Delphinen ein Freund
oder Freundin
(ich bin der und ich bin die)

Tiefblau funkelt
doch stumm bleibt
das Gespinst
wie Gespinste wohl tun
…mag sein, daß sie wimmeln

Connecting…
Checking host for mail…
0 (zero) news…

18.5.97

DAHINSPAZIEREN
einfach nur voneinander reden
(das mit- verkneif‘ ich mir
und mein‘ ich auch gar nicht)

Beim Scheiden dann versuch‘ ich
mein Gesicht
so weit zu öffnen
daß all mein Ich heraustritt
verletzbar
bloß
und ungefälscht

Spieglein, Spieglein an der Wand
wer ist der Schönste im ganzen Land

Wie Spiegel wohl tun
kam als Antwort
mein Ich mir entgegen

Drop me a line!

19.5.97

Ich soll Dich anseh’n,
Immerzu.

Else Lasker-Schüler

„ICH WILL“, so las ich fortwährend
ohne es zu merken zunächst
und daß wir uns heute sahen
so rein zufällig wie nie
war wie ein Feuerwerk
so schnell ging’s vorüber
und nachher blieb so eine leere Stelle
ich weiß nicht wie

Und doch:
es ist als erlebt‘ ich eine Renaissance
die Du mir beschert
und niemand sonst

Die Tage fliegen hin
wie Tage wohl tun
aber der Gedanken Lerchengesang
erhebt sich himmelweit
in nimmersatte Sphären

Und doch: nichts ist wie sonst

Only the mail is: none!

20.5.97

DU REDEST manchmal so schnell
als wärst du selbst ein Feuerwerk
und springst von Gedanken zu Gedanken
und ich weiß kaum wie mir wird
und frag‘ dann blöd:
Bitte… wie?

Ein fremder Duft umgab dich heut‘
grad so
wie Frau’n wohl tun
die man grad‘ aufgeputzt
(„auch du schnipp-schnapp?“)
und ich fand dich kaum wieder

Doch sagtest du Dinge
die hätt‘ ich selber sagen können
so gleichgestimmt meiner Seele
find‘ ich dich
und bin perplex

Heut‘ las ich Post: aber nicht von dir

21.5.97

DEINEM NAMENSTAG heute
bracht‘ ich Wunder dar
nicht aber faßte ich mir ein Herz
mich selber Dir zu präsentieren
denn du warst gerade nicht da
wohl hört‘ ich deine Stimme
aber

Wie ein Eindringling
schlich ich davon
getrieben
von unsäglich archaischen Ängsten
– keiner weiß wie mir ist –

Kalt und herzausreißend folgte dann
mir der finstere Schatten
meiner Dunkelgedanken
und wie Schatten wohl tun:
er ließ mich nicht

Aus den Flügeln des Pegasus heraus fiel indes nichts

22.5.97

HEUT‘ KAMST DU mir auf der Salaria entgegen
und fast war’s mir peinlich
– wie das? –
vielleicht weil ich wieder Angst hatte
vor unfreiwilligem Unbehagen
deinerseits
(jetzt rufst du hoffentlich: Quatsch!)

Ausreden möcht‘ ich mir das alles
aber wir schleckten doch Eis nebeneinander:
ich zwar ungeschickt:
es tropfte mir in die Hand

Auch meine Worte wurden klebrig und ungeschickt
wie meine Worte häufig wohl tun

Später dann sah ich an Bildern mich satt
Beinüberschlagen hingefläzt vor der Leinwand
„che la forza sia con te“
Prinzessin!

Und immer wieder: Check your POP3 host for new mail…

23.5.97

FAST KÜHL bis ans Herz hinan
komm‘ ich mir vor – heut‘:
das Gedankenschiff
ein riesiges Theater
auf dem ich dich mit mir rezitieren lasse
rundum blaut horizontenweit
die Wirklichkeit

Kein kettendes Wir
kein scheinbar rettender Du-und-ich-Hafen
das sonst aufbrausende Seelenmeer
heut‘ liegt es mattfunkelnd flach

Und wie Stürme wohl tun
so folgen sie Zeiten der Ruhe
die dennoch aus manchen Gründen
unbehaglich an der Seele kleben
wie das Eis von gestern an den Händen

How would it be: a message from you?

24.5.97

NUN SCHAUT SIE da herab von der Wand
ins Leere
die bräutliche
Prinzessin aus Wuppertal
(oder Elberfeld?)
einen Kranz in den Haaren

„Mein Herz“
wer weiß, wo du’s hingelegt
nie sprachst du weiter davon –
Hab‘ ich’s also getroffen
das Deine?

Zweifel plagen
wie Zweifel wohl tun
Fragezeichen sind ihnen Zierrat und Essenz
Wie schmückt ich mich gern mit
einfachen Punkten und Kommas
und Bindestrichen

Wie ging doch gleich das Lied? Kommt ein Vogel geflogen…

25.5.97

HÄTT‘ ICH NUR diese Sorge
täglich ungereimt deiner zu gedenken
gern wollt‘ ich dareinwilligen
der Rest: das hieße dann (und heißt)
deine Welt mir zu bebildern mit dem
was schon gesagt geschrieben und ergo gewesen
in den luftigen Auen
meiner aus Worten bestehenden Welt

Grünverbrämt die Augen erschienst du mir heute
und nach den Delphinen fragt’ich dich
nicht umsonst
allein:
unsere Welten berühren sich nur hier und dort
(mit Mühe nur vermag ich meine Welt
der deinen hinzubiegen)

Spiegel – und auch das tun sie wohl –
reflektieren
sind das Echo der Augen
und ich bin ein Spiegel
wenn ich als Vorwand mit dir spazierend zu plaudern
den „Spiegel“ kaufen geh‘

Vöglein oder Pegasus, sie flogen wohl woanders hin…

26.5.97

FAST GLAUBT‘ ICH dich zu seh’n heut‘
doch nur von hinten
ich weiß nicht, ob du’s warst
zwei Frauen redeten auf dein vermeintliches Ebenbild ein
so also seh‘ ich schon Gespenster
und fürcht‘ mich vor mir selber – und vor dir

Wo sind die von den Lippen
dem Herzen abgepflückten Rosen?
Wo der Tau
der meinem Herzen aus deinen Blicken
Labsal schuf?

Ach, von Küssen träum’ich wohl
so wie du zuweilen mädchenhaft dich darauf kaprizierst
und deine Worte sind Kapriolen
die mir das Herzblut in die Wangen treiben

Und wie Küsse wohl tun
sie hängen wie rote Kirschen
reif vom Baume herab
Stare bedienen sich ihrer
und wenn die Zeit gekommen
bleibt kaum eine übrig

The Postman never rings

27.5.97

WIE FALTER umflattern deine Augen
meine Herzblume
in denen deine Worte
nach Nektar suchen

Und ich umsumme
blickeheischend
dein Lächeln

Ich mag es
wenn das Leben so in unseren Worten pulst
so leicht, fast wie ein Scherz
… wenn Scherze
(wie Scherze wohl tun)
nicht so verwurzelt wären
im Ernst

Doch lieber ein scherzhafter Ernst
als ein todernster Scherz

Du wolltest mir doch mal Herzchen schicken…

28.5.97

Grenzt nicht mein Herz an deins –
(Else Lasker-Schüler)

VOR MEINEM HERZEN gaukeln
deine Worte
die ich bewahrt
deine Blicke
die ich in mich gesogen

So voll bin ich deiner
und doch nimmer satt
ein Wort nur vermag mir
den Tag zu versüßen
ein Nichtwort nur
stürzt höllentief mich hinab

Ein Spiel:
und wie Spiele wohl tun
sie sind nicht verbindlich
ach
laß uns fürs erste fortfahren zu spielen
wie ein Junge
so komm‘ ich mir vor

Downloading 1 new message… not from you…

29.5.97

WIE WEIT die Straßen und Plätze heute waren!
Weithin ließ ich meinen Blick schweifen
meine Augen waren wie Fernscheinwerfer
alles sahen sie
nur dich nicht

Da fraß ich mich in mich hinein
Stück um Stück kam ich um mich selbst
übrigblieb am Schluß
nur mein unverdaulicher Schatten
schwer lag er mir auf der Brust

Und Schatten
wie Schatten wohl tun
sind hartnäckig
sie bleiben einem auf den Fersen
und lassen dich nicht

Viele Bilder aber malt‘ ich heut‘
von dir in die Luft hinein

Ein schriftlicher Blick nur von dir…

30.5.97

MEERSONNEWINDREGEN
kühl fächelte Wind auf nackter Haut
Beine, die aus tieferen Kälten
zur wämeren Oberfläche
sich hinaufpaddeln –
mich dann freiküssend
mußt‘ ich wieder an Delphine denken
hielt nach Segelbooten Ausschau
ließ schwarzen Sand durch meine Finger rinnen

Oder die Majestät eines Pferdekopfes
bewundernd strich zart meine Hand
über dessen Hals
…ach, an Bildern sich satt trinken

Und so steht dann eins fürs andere
wird Zeichen
wie eben Zeichen wohl tun

Schwärmerey und Wunder!

Backst du wieder anstatt mir zu schreiben?

1.6.97

FERN UND WEIT:
über dein Herz hattest du heute
eine Tarnkappe gestülpt
ich fand es nicht
deine Worte verbargst du
unter einem Stachelkleid
und nur einmal
traf mein Blick den deinen
unheimlich
ward’s mir heute dir gegenüber zumut‘

Von Eile sprachst du
und wie Eile wohl tut
sie erlaubt kein Verweilen
so ging denn jeder für sich
befreit-beklemmt
zumindest ich

der mailer mailt mir mancherlei – kein deinerlei

2.6.97

STERNE
ja – an den Anfang will ich Sterne setzen
so viele
daß niemand weiß
noch wissen kann
was darin geschrieben steht

Nichts
weiß ich heut‘
als daß im Nichts ich versinke
und bodenlos
– down down down –
zerrinnt mein Herz
im Ungreifbaren

Wohltun soll’s
und tut doch weh

nimmer glaub‘ ich, daß…

3.6.97

Tu parli di niente.
Romeo e Giulietta

ICH DÜRSTE nach Bildern
– vermag mich kaum sattzusehen –
und so laß ich sie anrennen
gegen den Deich meines Seelensaums
bis daß er bricht
und einstürmt die Flut
und mag nimmer verfließen

Es hämmert und pocht
gebiert Bildmetastasen
und die Haut wird zu eng
und die Seele zum Vogel im Käfig
der singt

Keinen Schirm spannte ich heute auf
und ließ mir die Haare naßregnen
willkommen auch der Wind
der an mir zauste
so hingerissen so hergerissen
fand ich mein Ich

in immergleicher Erwartung…

5.6.97

ICH SPRACH so viel zu dir
heute abend
und lebte wieder in Bildern:
wangenkosend gleitende Hände
zum Ü hin gespitzte Lippen

Ja!
Küssen will ich Deine Lippen
hingebungsvoll
denn im Küssen liegt mehr
als alles andere

Und wär’s zum Abschied
ich lebte drum

Denn Du begreifst mich
wie ich dich begreife
– ach spiel du mit mir
wie einst
im Alter der Unschuld
die Wal- und die Gertraud
(Heimweh – Nostalgie
nenn’s wie Du willst)
I’m home-sick
that’s all

… single-user mode…

6.6.97

WEIT HINTEN löst Dunst
die Konturen des Fucino
auf in ein milchiges Nichts
unter einem Kirschbaum
(des Früchte noch blaß)
auf einem Steine hoch droben
wollt‘ ich mich deiner vergewissern
und seh‘ dich selber
wie die hingehauchten Silhouetten
der Berge dort hinten

Der Bäume Gesellschaft
raunt leise im Wind
doch vermag ich mein
Kirschbaumorakel
nicht zu entziffern

Auch die Früchte
sind noch nicht reif
und die wenigen roten
hängen weit oben
den Vögeln zur Speis

Paterno, 8.6.97

WIE LASTET ZUWEILEN schwer ein Abend
auf dem Herzen
als wollte all die Schwärze
mich ausfüllen
die sich herabsenkt
auf die Welt

auch die Äste meines Seelenbaums
ziehen sich zusammen
und schnellen zypressengleich
in die finstere Nacht hinein
statt weitausladend
laubraschelnd
dich zu grüßen

no news from you

Rom, 8.6.97

SO SACHLICH waren wir heut‘
mir kam fast das Fürchten
(zum Glück war das Lächeln dir nicht ausgegangen
und sowas erleichtert
uuungemein)
jaja:
the importance of being E(a)rnest

Glücklich war ich aber doch
als ich einen Kaffee spendieren durfte
und du mir davon sprachst
einen Japanisch-Kurs
mit mir
zu besuchen.

So immerfort möcht‘ es wohl gehen
so halb unter Kontrolle
und doch immer diese kleinen Signale

niemand nirgends nichts nie

9.6.97

HEUT‘ SUCHEN mich die Toten heim
die wirklichen
aus meinem Dorf da oben im Norden
viele sind’s
und jedesmal wenn einer
sich ins Jenseits davonmacht
– blue tunnel into the afterlife –
ist’s als risse ein Faden

Und also senkt schwarz der Abend sich wieder
mehr, als daß ich dich morgen
sehen-sprechen-anschau’n darf-kann-muß
und will und möchte
weiß ich nicht

F1 for help

10.6.97

LÄRMEND DURCHFLUTET von Sonne
die Tage
die Seele zerrinnt im Schweiße
ihres Angesichts
erhebt sich an deines Blickes Schwelle
gerinnt zu Tropfstein
in der Höhle
meiner Wünsche

Dann kommt wieder die Traurigkeit
lähmend
schmachtverheißend
unsäglich ungeheuer unermeßlich
und der Seele Schweiß
tritt mir aus den Augen
salzig schmeckt er auf der Zunge
die ihn sich von den Lippen leckt

aus Gewohnheit nurmehr schau‘ ich nach

12.6.97

AUCH DICH sah ich gestern
niedergebeugt:
hast du dieselbe Krankheit?
Denn auch du
fährst hoch hinauf zu den Sternen,
um dann tief zu sinken
in wer weiß was für Verließe

Mich quälte heute dieses Bild
mein Herz schnürte es ein
denn ich sah in dir mein Spiegelbild
und fass‘ es nicht, und fass‘ es nicht

Mich quält
wie wir da sitzen
die Zeit ausfüllen
als wäre nichts

Ja, das wollte ich:
mich ganz ausschütten

dove siete, messaggeri?

12.6.97

EIN MOND, EIN TRABANT, ein Sputnik
dreh‘ ich mich um die Erde zwar
doch nur Eine Sonne
vermag mein Antlitz zum Leuchten zu bringen
so bin ich mal ganz – mal gar nicht
der Erde zugewandt
tauche lunatisch ins Licht
verfinst’re mich
– mare tranquillitatis
mare crisium –

Einem Häwelmann gleich
wollt‘ ich ungebunden und mit geschwollenen Segeln
dein Himmelszelt durchmessen
der Sonn‘ entgegen
und mehr! und mehr!

So aber halt‘ ich Zwiesprach nur
mit meinem Abbild
im Spiegel an der Wand
und bild‘ mir ein
Du wärst’s

uncountable the words you haven’t sent

14.6.97

und ja ich sagte ja ich will Ja
James Joyce, Ulysses

ERWARTUNGSVOLL
blicke ich unruhig auf die Uhr
das Herz zieht sich zusammen
noch fünf Milliarden Sekunden
es werden
– paradoxerweise –
immer mehr

Was wäre ich
ohne Deine Blicke
die mich durchdringen
als wolltest Du mich
erkunden?

Oh, wahre Zuneigung
ist wie ein abstoßender Magnet
gebiert Ängste
um das so zerbrechliche Gut
und die Hand wiegt schwer
an mir herab

wenigstens das Echo hallt weither deine Worte

16.6.97

EINE FÜNFMILLIARDSTEL SEKUNDE
so lange dauerte es
und schon hob die Hand ich zum Gruß
– ein Blitz bleibt länger am Himmel –

Eine flüchtige Erscheinung nur
ein Vorüberhuschen
bist Du

Was bleibt ist ein bunter Schleier
aus umstrickenden Worten
aus vermeintlicher Nähe
die sogleich
in Antipodenferne sich wandelt

Ich fürchte fast
dies sei das Fatum
das die Musen
den Dichtern
(hoho!)
bescheren

ob Gedanken wohl im Äther sich fortpflanzen?

16.6.97

ICH WOLLT‘
ich wäre ein Nichts
statt mit Seelenlumpen geflickt
im Dasein zu hausen

Ich wollt‘
es wäre immer
kohlrabenschwarze Nacht
um mein Herz
das im Lichte besehen
voller Schwären, Schwielen und Narben

Ich wollt‘
du wärest nur so eine Idee
eine Ausgeburt der Phantasie
ein Schemen, ein Bild
über das sich rasch
andere gaukeln
– austauschbar –

Ein Heuchler bin ich obendrein

im Äther die Sphären schweigen

17.6.97

A tuo modo faremo, ché di piacerti mi sarà sempre agio.
Morgante 6,64

Das Herz taumelt mir in der Brust
mein Gehirn macht kling-klang
und alle Glocken läuten
Hallelujah

Vom Himmel so herabzuschweben
das vermagst nur
Du
in Deiner Unbeschwertheit

Ach komm
laß uns wirklich machen
was Du
so leichthin – scheint’s –
mir vorgeschlagen:
gemeinsam auf Reisen
bei mir zu Haus‘

im Äther die Sphären jubeln

18.6.97

LICHTERLOH brennt alles in mir
Deine Stimme goß Öl darauf

Mein Herz gleicht einem Praliné
Du fülltest Honig hinein

Wie aufgeregt flattert die Seele
im Sturmwind Deiner Augen

Ach, was klammere ich mich
an Zeichen!
Bereits der Vögel Zwitschern
morgens um fünf
will Zeichen sein!
Will mir von Dir
vorsingen
im Morgenrot!

e connettiamoci…

19.6.97

WIEDER BIN ICH ausgeflogen
das Weite zu suchen
unter Buchen am Berg
hoch über Tälern
sanfthin schweifend der Blick

Nach der Rückkehr vom sukkulenten Mahl
blies Rauch ich hinauf zum Mond
und ein Wiederseh’n gab’s:
der Große Wagen stand groß und still
über dem Rauschen verzückt
im Winde sich zwirbelnder Blätter
später dann vermählte ich mich
mit dem Mond meiner Tage

Über der Alten Stadt hingegen
mit ihrem Tuffsteinpostament
Deinem Refugium
erstand wieder Dein Bild vor mir
als wir kehrenentlang
hinabglitten zur Autobahn

an empty mail-box: I didn’t expect anything else

22./23.6.97

DEINE SONNE verfinstert mein Haus
weil ich von Dir sprach
oh, hätt‘ ich doch geschwiegen
wieviel glücklicher
könnt‘ ich allein in meinem Elend
fortleben

So aber warf ich alles dahin
nichts bleibt
als so ein paar Tage
Leben-Leben
im Tod-Leben

Mein Herz ist schwer wie Blei
und will sinken
lotrecht hinab
ins tief-tiefe Meer
den Fischen zum Fraß

fare well…

23.6.97

GRAD SO wie ich heute
unachtsam
das Auto gegen den Bordstein gesteuert
so daß der Reifen vorn rechts
platt darniederlag
und ich mir die Hände besudelte
das Hemd vollschwitzte
Peinlichkeiten erlitt
ihn zu wechseln

Grad so kommt mir
mein gestriges Ausplaudern vor
so unnötig
so unzeitgemäß
so ganz aus der Welt hinaus geschleudert

Oh DU
dabei weiß ich nicht einmal
wie sehr Du mir Freundin bist
oder was auch immer

all your messages are mine…

24.6.97

FANGARMIGE WORT-UNGEHEUER
pechschwarz
sticken mein Herz
hinunterzuwürgen
mit Haut und Haar
Mich
und Dich dazu

Ja, Schmerzen hab’ich ihr
bereitet
meinem Tag-Mond
dessen Nachtseite
so finster wie nie
als stummer Trabant
mich begleitet

Sommer ist hereingebrochen
Dein Schatten kühlt
mein brennendes Haupt
und doch bist Du die Sonne
die den Schatten gebiert
aber das ist ein anderes Gedicht

silence is golden – that’s true…

25.6.97

Lei era triste ma sempre piacevole.
Tom Robbins, Uno zoo lungo la strada

VERKATERT
umschlich ich heut‘ mißtrauisch den Tag
der keiner werden wollte
ich suchte Dich
aber Herzblut verklebte mir die Augen
drum ward auch Dein Bild
nur trauriger Abklatsch
meiner selbst

Laß mich trotzdem versuchen zu singen:
was sonst bleibt einem Vogel
im Käfig
des Tag-Monds?
Lerchengesang?
(muß i denn, muß i denn)
Freilich!

Geh nicht zu weit weg von mir
Deine Nähe tut mir gut
trotz allem

und Deine Briefe werden immer dicker…

26.6.97

OH WIE ZEHRT an mir
des Tag-Monds stummer Schein
so blaß
so eindringlich
so sterbesatt

Der Sonne wollt‘ ich mich verschreiben
doch brennt auch sie
und sengt und zehrt
und treibt aus allen Poren
mir den Schweiß
der Liebesmüh
– verlorne gar? –

Dein Bild soll mir nicht genommen werden
wohlverwahrt atmet es
in der roten Kammer
unterm Brustbein

einen Hauch nur…

27.6.97

Era una luna gelida la cui luce faceva sì che
gli innamorati rabbrividissero e cambiassero idea.
Tom Robbins, Uno zoo lungo la strada

STERBEN WOLLT‘ ICH
und vergiftete meinen Körper
noch waren weder Gift noch Wille
stark genug
also lebe ich noch
und habe um so mehr Angst
Dich zu sehen
zu sprechen zu hören

oder ist es Angst
vor dem Tag-Mond
den ich mehr alles andere fürchte?

oder ist es Angst
vor mir selber?
Denn das meinte ich doch:
Ich-sein
in Deinem Spiegel…

nein, nicht Schweigen…

1.7.97

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2 Antworten zu Äpfelschuh‘

  1. pollykrohm sagt:

    nanu… welchem anlass ist dieses schonmalgesehn zu verdanken. aufräumung?

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