noch ein letztes zitat aus BECKETTs „Der Namenlose“:
Hör auf, dich wie ein Kind anzustellen, das nach allen Erzählungen, man habe es im Kohl gefunden, sich schließlich an die Stelle im Gemüsegarten erinnert, und an die Art Leben, die es dort führte, bevor es auf die Welt kam.
unweigerlich die assoziation zur „Unsichtbaren Loge“ von JEAN PAUL, wo der knabe unterirdisch darauf vorbereitet wird, auf die welt zu kommen (unvergeßliche lektüre). irgendwo in den kommentaren zu Alban Nikolai Herbsts weblog war die rede von dem, was so auf dem markt als literatur verhökert wird, wobei es oft in diesen werken nur um koks-bohemiens und kindheitserinnerungen ginge. das mag durchaus sein, ich folge selbst dem markt nicht. das stichwort waren aber die kindheitserinnerungen. an anderer stelle (tja, wo? ich bin beim schreiben nicht sehr vorausschauend, drum geht das alles den bach runter, ganz nach der nunmehr gängigen und wohlfeilen weisheit, man bade nie im selben fluß, selbst wenn es dieselbe stelle ist) beklagte ich mich über die kinder-fotos, die manche homepage-betreiberinnen (vor allem die) von sich ins netz stellen, als würden sie dem beschauer ein schnippchen schlagen wollen, der sich mehr erwartend selbst desavouieren soll als voyeur, wo doch das als porträt der sich präsentierenden – und den voyeuren-betrachtern dargebotenen – person dargestellte kind nichts weiter ist, als die verharmlosung der prostitution und die ablehnung jeder verantwortung für das, was solch ein sich-zur-schau-stellen mit sich bringt.
kindheitserinnerungen – ich muß zum thema zurückkehren…
ich bin grundsätzlich damit einverstanden, daß kindheitserinnerungen die literatur nicht weiterbringen. sie bringen höchstens den weiter, der literatur produziert. dies bedeutet in der konsequenz, daß die kindheit nur eine vorstufe der literatur ist. was nicht heißt, daß kind-sein verwerflich ist. kind soll man sein und bleiben: kind-sein bedeutet spielen und entdecken. (vgl. hier (weil’s so kurz zurücklag, konnte ich es rechts noch sehen)).
Er: langer rede kurzer sinn?
Ich: frag den priapos.
Priapos: empor!
Er: up up and away?
Ich: wieso weg?
Priapos: hin!
Lar: armer mond: muß fliehen vor dem skorpion.
Ich: hansguckindieluft!
Er: da fiel er in das wasser ’nein…
Chor der Hamadryaden: könnt’s nicht bald regnen? uns dürstet!
Priapos: was gibt’s für eine fürsprach‘ bei zeus?
Chor der Hamadryaden: eicheln!
Priapos: gebongt!
Lar: profanes larifari!
Ich: sieh lieber zu, daß die butze morgen für die putzfrau reinigungsfähig ist. sprich: mach platz für den wischlappen.
der im kohlbeet ausgesetzte säugling koinzidenz:
vor fünf minuten dachte ich an die phantasie mancher kleinkinder:
„ich bin nicht das richtige kind dieser eltern, die mich nun grossziehen.
ich bin ein ausgesetztes königskind. gefunden von armen häuslern, die nicht verstehen wollen, dass ich etwas ganz besonderes, aussergewöhnliches bin und nichts mit ihnen gemein habe …“
christliche variante: das verhalten des unehelich erstgeborenen der Maria aus dem armen, kulturell unterentwickelten Galiläa:
als seine eltern den 12jährigen schelten, dass er sich während der wallfahrt in Jerusalem selbständig gemacht hat und ohne ihnen was zu sagen einfach klammheimlich im tempel verschwunden ist:
„soll ich nicht sein in meines vaters haus?“ klartext: wer seid ihr denn? ihr habt ja gar keine ahnung, wer ich in wirklichkeit bin! oder später bei der hochzeit zu kaana, als Maria ihn bittet, für nachschub an wein zu sorgen:
„weib, was habe ich mit dir zu schaffen?“ oder noch später, als beegehrter wanderprediger, ein jahr vor seiner hinrichtung, als ihm seine anhänger sagen, seine mutter und seine brüder stünden draussen, und würden gerne mit ihn sprechen: “ wer ist meine mutter, wer sind meine brüder? …“
seit das christentum staatsreligion ist, also seit eun 1700 jahren, darf die kirchlicherseits geforderte „nachfolge christi“ aber nicht so weit gehen, dass die gläubigen – die ja laut dogma alle kinder dieses einen gottes sind – sich am biblisch überlieferten familienverhalten dieses sohn gottes orientieren; es sei denn sie fühlen sich vom heiligen geist zum geistlichen stand berufen, auserwählt …
„du bist nicht mehr mein vater, mein vater ist der vater im himmel!“ sagte Franziskus und zog sich auf dem marktplatz spiltterfasernackt aus, als sein reicher tuchhändlervater ihn öffentlich zur verantwortung ziehen und bestrafen wollte für die entwendung und veräußerung von kostbaren tuchballen zugunsten des wiederaufbaus einer verfallenen andachtskapelle irgendwo j.w.d. in freier natur …
junge menschen, die heute die gesellschaftskritischen verhaltensweisen und „performances“ von heiligen wie Franziskus, Teresa von Avila, Katharina von Siena oder Hildegard von Bingen auf zeitgemäss störende weise nachahmen würden, kämen flugs in die psychiatrie oder in den knast… die gründung eines neuen, den herrschenden zeitgeist hinterfragenden ordens würde ihnen jedenfalls von Rom aus nicht erlaubt werden …
schätzungsweise gehören 25% des Grundbesitzes und der Immobilien in Rom dem Vatikan … utopische vorstellung, dass eine global player internationale junger christen einen wallfahrtsmarsch auf rom macht und mit dem ruf „wir sind die kirche!“ diese häuser besetzt und die herausgabe des gescheffelten geldes fordert?
die familie soll schließlich ihre mitglieder-individuen an staates statt kontrollieren
kinder »Das schlimmste Vorurteil, das wir aus unserer Jugendzeit mitnehmen, ist die Idee vom Ernst des Lebens. Die Kinder haben den ganz richtigen Instinkt: sie wissen, dass das Leben nicht ernst ist, und behandeln es als Spiel «
Egon Friedell, Essay „Vorurteile“, 1905 in Karl Kraus`“Fackel“.
eicheln als fürsprache bei zeus? … nicht ohne goldregen, in flüssiger, animalischer bedeutung, nicht in vegetativer.
priapos hat nun mal was suinisches an sich…
wischlappen: wischlappen? – also hören Sie, Herr Ich Putzmann, ich bin ein feudaler stolzer feudel, kein wischundwegjammerlappen, projizieren Sie gefälligst ihre meinungen auf sich selbst, ja?!
Lar: ich werde Sie sauber und ordentlich gefaltet wieder zu Ihren kolleginnen legen – allein, arbeiten muß sein. oder wollen Sie, daß ich Sie einrahme und an die wand hänge?
aber auch die putzfrau selbst hatte etwas gegen den von mir benutzten begriff „straccio“ etwas einzuwenden, denn prompt kam die gegenfrage: „con il mocio?“ denn gerade an den konnte ich mich in dem moment nicht erinnern.
moccio??? moccichino???
con il moccio di stracciovendolo senza il moccichino ???:
villania!
was soll das jetzt wieder heißen? moccio [motscho – kurzes o] is rotz, moccione rotznase, „er moccolo“ ist eine dünne kerze und ein restaurant in rom. „mocio“ [moo:tscho – langes o] ist lokalsprech: nieder mit global- und neusprech! evviva il villano, d.h. der bauersmann…
ach, lokalsprech! darum hab ich`s nicht in meinem wörterbuch gefunden.
stattdessen die anderen, dich schrieb, wohlwissend, was ich schrieb :-)))